1. Equal pay day 2017 – statischer Lohnabstand für Frauenarbeit
Nach Berechnungen des statistischen Bundesamtes liegen die Bruttolöhne von Frauen in Deutschland immer noch ca. 21% unter denen der Männer. Danach haben – statistisch und symbolisch betrachtet– deutsche Frauen 77 Tage lang, also bis zum 18. März 2017 unentgeltlich gearbeitet.
Dieses Datum stellt – wie alle statistischen Ergebnisse – eine starke Vereinfachung dar, die nicht unmittelbar mit gleicher, bzw. ungleicher, Bezahlung zu tun hat. Wenn es in manchen Berufen und Beschäftigungsformen nur wenige Männer gibt, werden die Frauen nicht automatisch schlechter bezahlt, sondern es fehlt allgemein an der gesellschaftlichen Anerkennung dieser Tätigkeiten (z.B. Pflege- und Sozialberufe, Arbeiten in Handels- und Gastronomiebetrieben). Selbst das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, nach dem Arbeitnehmer nicht (u.a.) wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden dürfen, hat hierzulande keine wesentliche Verkleinerung des statistischen Lohnabstandes für Frauen in Deutschland bewirkt.
2. Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
Am 01.01.2017 tritt das geänderte AÜG in Kraft. Ausnahmen und Übergangsfristen gibt es nicht. Für die Beschäftigtengruppe der Leiharbeitnehmer wird mit dem neuen Arbeitnehmerüberlassungs-gesetzt nun mehr Gleichbehandlung beim Lohn und bei den Arbeitsbedingungen geschaffen.
a. Vorübergehende Arbeitsüberlassung
Arbeitnehmerüberlassung war auch bisher nur „vorübergehend“ zulässig. Das neue AÜG stellt nun klar, dass vorübergehend „nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate“ bedeutet. Diese Frist beginnt erneut zu laufen, wenn ein Arbeitnehmer „mehr als drei Monate“ (d.h. mindestens 3 Monate und einen Tag) vor Beginn einer Arbeitnehmerüberlassung nicht durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher verliehen worden war. Urlaub, Krankheit u.s.w. sind keine relevanten Unterbrechungen, wenn der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag während ihrer Dauer nicht beendet war.
Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kann eine kürzere oder längere Frist für die zulässige Arbeitnehmerüberlassung festgelegt werden, maximal 24 Monate.
b. Gleichstellungsgrundsatz: Equal pay und equal treatment
Der Verleiher ist künftig gesetzlich verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer den gleichen Lohn (equal pay) und die wesentlich gleichen Arbeitsbedingungen (equal treatment) zu gewähren, die für vergleichbare Mitarbeiter im Entleihbetrieb gelten.
Durch Tarifvertrag und Branchenzuschlagtarife können Abweichungen für die ersten neun, maximal fünfzehn Monaten, Abweichungen vom equal pay-Grundastz festgelegt werden. Wo keine tariflichen Regelungen bestehen, haben Leiharbeitnehmer vom ersten Tag an Anspruch auf die gleiche Vergütung, wie die Stammbelegschaft im Entleihbetrieb. Eine gesetzliche Definition von equal pay enthält das neue AÜG aber nicht. Maßgeblich ist mindestens das Einstiegsgehalt der vergleichbaren Beschäftigungsgruppe.
c. Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten, Transparenz
Verträge zwischen dem Verleiher und dem Entleiher bedürfen für ihre Wirksamkeit der Schriftform und müssen vor Beginn des Leiharbeitsverhältnisses geschlossen werden. Dabei ist der Leiharbeitnehmer namentlich zu benennen. Als Dienst- und Werkverträge deklarierte Vereinbarungen können nicht mehr über eine Vorratsarbeitnehmerüberlassung legitimiert werden. Jedes Leiharbeitsverhältnis muss vor seinem Beginn ausdrücklich als solches bezeichnet werden.
d. Rechtsfolge unwirksamer Leiharbeitsverhältnisse
Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer unwirksam, z.B. wegen Verstoß gegen das equal pay – oder das equal treatment-Gebot, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer rückwirkend auf den Beginn des Leiharbeitsverhältnisses als zustande gekommen. Leiharbeitnehmer können allerdings innerhalb eines Monats schriftlich zustimmen, dass sie am Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhalten wollen (sog.: Festhaltenserklärung).
Erleidet ein Arbeitnehmer im Vertrauen auf die Wirksamkeit seines Leiharbeitsvertrages einen Schaden, kann er den Entleiher und den Verleiher als Gesamtschuldner auf Schadenersatz in Anspruch nehmen.
e. Leiharbeit und betriebliche Mitbestimmung
Der Betriebsrat des Entleihbetriebes muss rechtzeitig vom Einsatz von Leiharbeitnehmern informiert werden über den zeitlichen Umfang und Einsatzort, sowie die Art der Beschäftigung. Ihm sind dabei die Arbeitnehmerüberlassungsverträge vorzulegen.
Soweit Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes an bestimmte Mitarbeiterzahlen anknüpfen, sind Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb mitzuzählen (Ausnahme: § 112 a – erzwingbarer Sozialplan), wenn sei dort mindestens 6 Monate. Das wird z.B. bei den Betriebsratswahlen 2018 relevant, da die Anzahl der zu wählenden BR-Mitglieder von der Mitarbeiteranzahl abhängig ist.
f. Sanktionen
Bei Verstößen gegen die Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflicht, oder der Überschreitung zulässiger Entleihdauer (u.a.) drohen sowohl dem Zeitarbeitsunternehmen, als auch dem Entleiher, für jeden Einzelfall Bußgelder bis zu 500.000 €. Dem Entleiher kann außerdem die Arbeitsnehmerüberlassungserlaubnis entzogen werden und Arbeitgeber „riskieren“ bei Missachtung der Maßgaben des neuen AÜG einen ungeplanten Zuwachs ihrer Stammbelegschaft.
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Rechtsanwältin Barbara Riedel